Die Bergrettung Bozen - eine lebhafte Geschichte
Die Gründung
Einige Dokumente deuten darauf hin, dass es in Südtirol bereits um die 20. Jahrhundertwende erste organisierte Bergrettungstätigkeiten gab. Da während des Faschismus und des zweiten Weltkrieges jedoch jegliche Vereinstätigkeit verboten worden war, galt es nach seinem Ende, neu zu beginnen. Schon bald nach Kriegsende setzte sich der Bozner Ernst Mengin stark für die Neugründung der Südtiroler Bergrettung ein. Auch dank seines Engagements wurde die Bergrettung Bozen, wie wir sie heute kennen, im September 1946 als eine der ersten Bergrettungsstellen Südtirols gegründet.
BRD Mitglieder von 1948
Das Einsatzgebiet damals und heute
Da es in der damaligen Zeit in Südtirol wenige Bergrettungsstellen gab, war das Einsatzgebiet des Bergrettungsdients (BRD) Bozen riesig. Es war äußerst schwierig, eine fach- und zeitgerechte Rettung in so einem großen Einzugsgebiet zu gewährleisten, besonders mit den limitierten Mitteln, die anfangs zur Verfügung standen.
Den Ablauf von Einsätzen in der damaligen Zeit können wir uns heute kaum vorstellen: So sollen zum Beispiel bei einem Probealarm für einen Einsatz am Roen alle verfügbaren Bergretter*innen mit dem Fahrrad von Bozen losgefahren sein. Auch ist bekannt, dass Bergretter*innen samt Ausrüstung mit dem Fahrrad zum Zug, mit dem Zug dann weiter ins Pustertal fuhren und dann zu Fuß Richtung Drei Zinnen zum Einsatzort eilten.
Über die Jahre entstanden jedoch laufend neue Bergrettungsstellen, welche die Einsätze in Teilgebieten übernahmen. Für die Ortsstelle Bozen begann dieser Prozess bereits 1954 mit der Gründung der Ortstellen Seis und Tiers und setzte sich laufend fort. Als letztes übernahm 2013 die neu gegründete Ortstelle Sarntal die Verantwortung über die Sarner Alpen. Dieser Entwicklung ist es zu verdanken, dass heute die BRD-Bozen ein etwas überschaubareres Einsatzgebiet hat, welches sich auf den Bozner Talkessel und die umliegende Umgebung beschränkt. Die Größe des Territoriums bleibt aber nach wie vor eine Herausforderung, da die Anfahrt gewisser Einsatzgebiete, beispielsweise um Mölten oder Steinegg, immer noch einige Zeit in Anspruch nimmt.
BRD-Bozen - Die Ideenschmiede
Die Bozner Mannschaft prägte von Anfang an das Bergrettungswesen in Südtirol und war wiederholt eine Ideenschmiede bei der Entwicklung neuer Geräte und Methoden. So wurde beispielsweise das wohl erste Kommunikationssystem zwischen Retter und Mannschaft 1949 von Gottfried Mumelter in Bozen entwickelt. Dabei handelte es sich um einen Vorläufer des heutigen Funkgeräts, welches auf Telegrafentechnik basierte. Auch modernere und leichtere Skiverschraubungen stammten von einem Bergretter aus Bozen, Günther Niederwanger. Überdies werden im Talkessel auch heute noch Rettungsmethoden eingesetzt, die spezifisch auf das Territorium angepasst sind.
Das wahrscheinlich erste Kommunikationssystem im Bergrettungswesen 1950
Die wichtigsten Momente für den Verein
Die Finanzierung der Rettungseinsätze und des dafür benötigten Materials war in den Anfangsjahren besonders problematisch. Das lag daran, dass es - trotz steigender Besucher*innenzahlen in den Bergen und den damit zusammenhängenden vermehrten Unfällen - keine öffentliche finanzielle Unterstützung gab. Aufgrund der Knappheit an verfügbaren Geldern musste für die Bozner Rettungsstelle in der Nachkriegszeit beispielsweise Material aus Nordtirol über Schmuggelwege eingeführt werden.
Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, organisierten 1954 Südtiroler und italienische Rettungsorganisationen (CAI und SAT) in Trient eine Großkundgebung. 1955 fand eine zweite Kundgebung in Bozen statt und es wurde eine spektakuläre Schauübung bei Schloss Runkelstein durchgeführt: Von der oberen Schlossmauer wurde über die Talfer eine Seilbahn zur Sarnerstraße gespannt. Auch aufgrund dieser publikumswirksamen Kundgebungen erlies der Regionalrat 1956 ein Gesetz, welches erste Finanzierungen für die Bergrettung vorsah.
Aufmarsch in Trient 1954
Ein weiterer wichtiger Moment war die Gründung der Internationalen Kommission für alpines Rettungswesen (IKAR) im Jahr 1955. Ziel der Kommission war es, einheitliche Rettungsmethoden im ganzen Alpenraum einzuführen. Die IKAR ist auch heute noch eine wichtige länderübergreifende Institution und spielt eine wegweisende Rolle beim Transfer von Wissen und Erfahrungen auf internationaler Ebene. Die Bergrettung Südtirol spielte in diesem Kontext eine besondere Rolle, denn bei der Gründung war sie die einzige nicht-staatliche Vertretung. Dies führte in Italien zu einigen Spannungen und schließlich boykottierte der CAI die Gründungsversammlung in Bozen. Erst Anfang der 1970er konnte der Streit beigelegt werden und der CAI trat der Kommission ebenfalls bei.
CNSAS - Der BRD-Bozen ist nicht alleine
Heute werden bei jedem Einsatz sowohl die Mannschaft des BRD-Bozen als auch die KollegInnen der CNSAS-Bolzano alarmiert, also der Bergrettung im italienischen Alpenverein CAI. Bozen ist, neben Meran und Brixen, eines der wenigen Einsatzgebiete in Südtirol, in welchem Bergrettungen beider Sprachgruppen tätig sind und immer zusammen ausgerufen werden. Dies bedeutet zwar, dass der Koordinierungsaufwand wesentlich höher ist, aber dafür gibt es eine größere Anzahl an Rettungspersonal, man kann auf verschiedene Rettungstechniken und Vorgehensweisen zurückgreifen und von der jeweils anderen Bergrettung Neues erlernen.
Das Territorium definiert die Tätigkeit
Der Wald und die Buschenretter
Das Einsatzgebiet des BRD-Bozen erstreckt sich heute über und um den Talkessel der Landeshauptstadt. Es hat eine Größe von ca. 235 km² und reicht von Kohlern im Osten, über Vilpian im Westen und von Pfatten im Süden bis nach Blumau im Norden. In diese Zuständigkeit fallen auch Teile des Eggentals, der untere Bereich vom Ritten sowie der Salten zwischen Jenesien und Mölten.
Das Gebiet hat eine maximale Höhe von ca. 2000 m und ist vor allem von Wäldern geprägt, wobei es auch einige steile Felswände aus Bozner Porphyr gibt, zum Beispiel bei St. Jakob/Seit oder Glaning/Jenesien. Auch in den Obstwiesen oder in der nahen Umgebung der zahlreichen Straßen kommt es immer wieder zu Einsätzen, meist aufgrund von Verkehrsunfällen, die außerhalb der Straße enden. Der Großteil der Einsätze wickelt sich jedoch im Wald ab. Daher werden die Bergretter*innen des BRD-Bozen manchmal humorvoll die „Buschenretter“ genannt.
Klassisches Einsatzgebiet des BRD-Bozen
Die 'schnelle Rettung'
Die Sportarten und Tätigkeiten, die in diesem speziellen Gelände durchgeführt werden, sind entscheidende Faktoren für die Art der auftretenden Einsätze. Im Einsatzgebiet des BRD-Bozen handelt es sich hauptsächlich um Wanderverletzungen, Verletzungen beim Pilze sammeln und Waldarbeiten, sowie Mountainbiken. Häufig geraten Personen auch in die missliche Lage, dass sie nicht mehr wissen, wo sie sich befinden oder vom Weg abgekommen sind und dementsprechend nicht mehr zurückfinden. Der BRD-Bozen ist somit das Bergen der Patient*innen im steilen Wald gewohnt, was mitunter äußerst tückisch sein kann.
Rettungseinsatz im steilen Wald (2020)
In einer Mainacht, kurz nach Mitternacht, wurden der BRD-Bozen und der CNSAS-Bolzano alarmiert. In der Einsatzmeldung war von einem Jungen die Rede, der in der Nähe der Oswaldpromenade von einem ca. 30 m hohen Felsvorsprung gestürzt war. Glücklicherweise wohnen zwei Mitglieder der Bergrettung nicht weit davon entfernt und begaben sich direkt zur Unfallstelle. Weitere alarmierte Bergretter*innen trafen sich zuerst in der Bergrettungsstelle beim Krankenhaus Bozen und fuhren dann mit den Einsatzautos zum Unfallort. Die Freunde des Verunfallten warteten bereits auf der Promenade auf die erste Mannschaft und führten sie, einem sehr engen Pfad folgend, in knapp 10 Minuten von der Promenade zur Unfallstelle. Nach kurzer Abklärung der Lage wurde entschieden, einen Mann sofort zum Patienten abzulassen, um sich ein Bild über den Verletzungsgrad des Gestürzten zu machen. Gleichzeitig wurde bei den nachrückenden Kollegen das nötige Material für die Bergung des Patienten bestellt. Es brauchte Seile, Karabiner, die Gebirgstrage, den Erste-Hilferucksack und Stirnlampen, um genügend Licht zum Arbeiten zu haben. Mittlerweile war auch die Polizei vor Ort, und auf der Straße wartete bereits die Ambulanz.
Der Bergretter, der zum Patienten abgelassen wurde, entschied sich aufgrund der Verletzung, auch den Notarzt anzufordern. Sobald die Männer und Frauen der zweiten Ausfahrt den Unfallort erreicht hatten, wurde ein neuer Abseilstand eingerichtet und die Trage vorbereitet. Gleichzeitig wurde ein weiterer Mann samt Erste-Hilferucksack zum Patienten abgelassen, um das dringend benötigte Material für die ersten Versorgungsmaßnahmen bereitstellen zu können.
Weitere Mitglieder der Bergrettung und auch der Notarzt erreichten bald die Unfallstellte. Auf das Ablassen des Arztes zum Patienten wurde verzichtet, da dies zu gefährlich erschien. Stattdessen wurde ein dritter Bergretter, mitsamt der Gebirgstrage, zum Patienten abgeseilt. Mittlerweile hatte sich jedoch der Zustand des Patienten verschlechtert, er verlor kurzzeitig das Bewusstsein und es galt nun, keine Zeit mehr zu verlieren. Sogleich wurde der Patient so schonend wie möglich in die Trage befördert und dann mittels Flaschenzug aufgezogen. Sobald der Patient aus dem Steilgelände geborgen war, wurde er für eine erste Kontrolle dem Notarzt übergeben. Als dieser grünes Licht gab, wurde der Patient, in der Trage zur Ambulanz getragen, welche ihn rasch in das Krankenhaus Bozen brachte. Der Patient hatte bei diesem Unfall sehr viel Glück, trotz seines unglaublich langen Sturzes hatte er sich keine lebensbedrohlichen Verletzungen zugezogen.
In diesem Gelände muss die Bergung der Patient*innen meist bodengebunden erfolgen, also ohne Hubschraubereinsatz. Dazu bedient sich der BRD-Bozen häufig einer Rettungstechnik, die als „schnelle Rettung“ bezeichnet wird: Eine Gebirgstrage und zwei Bergretter*innen werden zu den Patient*innenen abgelassen, die Patient*innen werden erstversorgt und in der Trage stabilisiert. Daraufhin werden Retter*in, Patient*innen und Trage mittels Flaschenzug wieder nach oben gezogen. Im sicheren Gelände angekommen werden die Patient*innen von mehreren Bergretter*innen bis zum ersten Forstweg oder bis zur ersten Straße getragen, von wo aus der weitere Abtransport mit einem Fahrzeug erfolgen kann.
Einsatz Margarethenbach – kein leichtes Gelände
Wie sich die Einsätze ändern
In den vergangenen Jahren war ein deutlicher Rückgang an Radfahrverletzungen erkennbar, der auf das Downhill- und Mountainbikeverbot auf den Wanderwegen um die Stadt zurückgeht, das vor einigen Jahren erlassen wurde. Dafür sind jüngst viele neue Klettertouren und Klettergärten erschlossen worden. Der BRD-Bozen ist also zurzeit dabei, sich intensiv mit der Rettung in dieser felsigen Umgebung auseinanderzusetzen.
Kletterunfall mit glücklichem Ende (2020)
Ende Oktober 2020 wurde die Mannschaft des BRD-Bozen zu einem Einsatz im Sportklettergarten von St. Jakob alarmiert. In den vergangenen Jahren hat sich dieser relativ große Klettergarten, mit zahlreichen Ein- und Mehrseillängen, zu einem der beliebtesten Klettergärten in der Bozner Gegend entwickelt. Zum Glück war es bisher noch nicht zu vielen Unfällen in dem Gebiet gekommen. „Kletterunfall oberhalb Kirche St. Jakob“ lautete die Einsatzmeldung. Sofort eilten die Bergretter*innen des BRD-Bozen und des CSNAS zum Einsatzort.
Es stellte sich heraus, dass beim Ablassen eines Kletterers das Seil zu kurz war und er aus diesem Grund mehr als 10 Meter auf den Boden stürzte. Zum Glück wurde der Sturz auf halber Höhe von einem Baum „gebremst“, ansonsten wären die Verletzungen möglicherweise auch lebensbedrohlich gewesen. Der Patient wurde umgehend erstversorgt, aufgrund des Verdachts auf eine innere Verletzung oder eine Wirbelverletzung wurden dem Patienten eine Halskrause und ein Beckengurt angelegt und er wurde dann in der Vakuummatratze achsengerecht stabilisiert.
Um den Patienten so schnell wie möglich ins Krankenhaus zu bringen, wurde ein Hubschrauber angefordert, der umgehend zur Unfallstelle flog. Mithilfe eines Bergesackes konnte der Patient zusammen mit einem Retter mittels Seilwinde in den Hubschrauber gezogen und sogleich ins Krankenhaus geflogen werden. Wie sich später herausstellte, hatte der Verunfallte Riesenglück, da er sich keine größeren Verletzungen bei dem langen Sturz zugezogen hatte.
Durch das schnelle Eingreifen der Bergrettung und den unverzüglichen Abtransport mit dem Hubschrauber erhielt der Patient in kürzester Zeit die beste medizinische Behandlung, was bei so einem Sturz ausschlaggebend sein kann.
Übung an einer Kletterroute in der Nähe von Bozen
Das Bergrettungswesen: wie läuft der Einsatz ab?
Die Bergrettung: ein Glied einer größeren Rettungskette
Das Einsatzgebiet der Bergrettung beginnt dort, wo andere Rettungsorganisationen (z.B. Weißes und Rotes Kreuz, Feuerwehr) nicht mehr sicher arbeiten können. Die Männer und Frauen der Bergrettung werden also dann alarmiert, wenn Personen außerhalb des asphaltierten Straßennetzes in Schwierigkeiten geraten.
Dabei ist die Bergrettung aber nie allein, sondern immer ein Glied der gesamten Rettungskette. Je nach Einsatzart sind unterschiedliche Rettungseinheiten gemeinsam mit der Bergrettung im Einsatz. Bei medizinischen Notfällen braucht es oft auch den Helikopter oder einen Krankenwagen, manchmal auch einen Notarzt und meistens endet der Einsatz mit der Ankunft der Patient*innen im Krankenhaus. Mitunter wird auch die Hilfe der Feuerwehr benötigt, beispielsweise bei Unfällen oder in der Nacht, um größere Gebiete auszuleuchten. Immer öfter werden aufgrund der fortschreitenden Technik auch Drohnenpiloten mit ihren Fluggeräten hinzugezogen. Für diesen spezifischen Bereich versucht die Bergrettung mittlerweile, eine eigene Pilotenmannschaft aufzubauen.
Gemeinsame Übung mit der Freiwilligen Feuerwehr
Suchaktionen sind ein Einsatz-Sonderfall, bei welchem etliche Organisationen einbezogen werden. Neben der Bergrettung sind mehrere Feuerwehrstellen vor Ort, einige Hundestaffeln und auch die Carabinieri. Dazu können Rettungs-, sowie Staats- (Finanzpolizei) und private Hubschrauber mobilisiert werden. Suchaktionen sind allgemein sehr personalintensiv, oftmals sind dabei mehr als 60 Männer und Frauen im Einsatz.
Suchaktion mit traurigem Ausgang aus dem Jahr 1987
Gegen Abend schlugen Angehörige eines Fischers Alarm, der nach einem Fischerei-Ausflug beim Emmersbach, einem Graben zwischen Bozen und Sarnthein, nicht mehr nach Hause gekommen war. Eine relativ große Truppe des BRD-Bozen rückte sofort aus, konnte aber bis zum Einbruch der Dunkelheit den Vermissten nicht finden. Kurzerhand übernachteten die Bergretter*innen beim nahegelegenen Maggner-Hof, mit dem Plan, beim ersten Tageslicht sofort die Suche wieder aufzunehmen. Im Morgengrauen suchte die Mannschaft den gesamten Verlauf des Emmersbachs ab und kamen schließlich zum traurigen Fund. In einem Wasserbecken konnte der Vermisste leider nur mehr tot geborgen werden. Der Leichnam wurde dann mit einer behelfsmäßigen Gebirgstrage zum Gasthof Steinmann gebracht und von dort mit der Materialseilbahn auf die Sarner Straße befördert. Trotz der traurigen Nachricht bedankte sich die Familie des Verstorbenen beim BRD-Bozen durch den Ankauf eines neuen Funkgeräts.
Wie läuft ein Einsatz ab?
Ein normaler Bergrettungseinsatz läuft nach einem genauen Muster ab: Nach der Alarmierung bereiten sich die einzelnen Bergretter*innen so schnell wie möglich vor. Alle haben ihre Uniform und den Einsatzrucksatz möglichst bereits bei sich. Über Funk wird vereinbart, wer in die Bergrettungsstelle fährt, um die Einsatzfahrzeuge zu holen, wer auf dem Weg zum Einsatzort ins Einsatzfahrzeug einsteigt und wer stattdessen direkt mit dem privaten Fahrzeug den Einsatzort anfährt. Im städtischen Verkehr reduziert diese Vorgehensweise drastisch die Anfahrtszeiten. In einem zweiten Schritt gilt es, den genauen Standort der Patient*innen zu lokalisieren. Dies ist oft die schwierigste und zeitaufwändigste Aufgabe. Hat man die Patient*innen schließlich erreicht, werden sie medizinisch erstversorgt und so schnell und behutsam wie möglich geborgen und abtransportiert.
Eine Eigenschaft unterscheidet die Südtiroler Bergrettung von vielen anderen Rettungsorganisationen: Alle Mitglieder werden für alle Rollen im Einsatz vorbereitet. Jedes Mitglied erhält eine umfassende Ausbildung, so dass sich im Einsatz alle um die technischen Aspekte der Bergung, die Erstversorgung oder auch die Einsatzleitung kümmern können.
Spezielle Rettungstruppen
Rettungseinheiten
Die Bergrettung Bozen hat zwei spezielle Einheiten, die sich auf besondere Einsatzarten bzw. -gebiete konzentrieren: Die Hundeführer*innen und die Canyoninggruppe. Beide Einheiten sind nicht nur im Einsatzgebiet der Bergrettung Bozen, sondern im gesamten Bezirksgebiet tätig.
Hundeführer*innen – Das Suchen von Verschütteten und Vermissten
Die Hundeführer*innen werden bei allen Suchaktionen und im Winter auch bei Lawinenunfällen alarmiert. Dafür stehen sowohl Stöberhunde wie Fährtenhunde zur Verfügung. Erstere haben die Aufgabe, Patient*innen im weitläufigen und weglosen Gelände zu finden, während Fährtenhunde einer präzisen Fährte folgen, und so im Idealfall denselben Weg wie die Patient*innen zurücklegen, bis diese gefunden werden.
Hundeführer in Aktion
Stöberhunde gibt es im Bergrettungswesen in Südtirol bereits seit ca. 1960. Gegenwärtig sind im Bezirk Bozen sechs Hundeführer mit ihren Stöberhunden im Einsatz. Fährtenhunde gab es in Europa erst zu einem späteren Zeitpunkt, da diese Disziplin erst über die Schweiz aus den USA nach Europa importiert wurde. Im Bezirk Bozen gibt es heute leider keine Fährtenhunde, bei Suchaktionen kann aber auf die Fährtenhunde der Feuerwehr zurückgegriffen werden.
Canyoninggruppe – Spezialisierung Wildwasserrettung
Die Canyoninggruppe ist auf die sogenannte Wildwasserrettung spezialisiert. Ihr Einsatzgebiet sind steile Bergbäche. Angesichts der steigenden Verbreitung der Sportart Canyoning, also des Begehens von Bächen und Schluchten, ist das Vorhandensein einer Mannschaft sehr wichtig, die auf Einsätze in dieser Umgebung vorbereitet ist. Der Bezirk Bozen zählt zurzeit 6 Mitglieder in der Canyoninggruppe.
Die Bedeutung einer modernen Ausrüstung
Entwicklung der Ausrüstung
Die technischen Fortschritte der vergangenen 75 Jahre haben sich auch auf das Bergrettungswesen ausgewirkt. Hanfseile wurden durch leichte Nylonseile ersetzt, Stahl durch Aluminium und Titan, wodurch sich natürlich eine spürbare Reduzierung des Gewichts ergabt. Der Einzug der Kunststofffaser in der Kleidungsindustrie bedeutet leichte, wasserabweisende und schnelltrocknende Einsatzkleidung. Moderne Taschen- und Stirnlampen sind klein, leicht und trotzdem unglaublich effizient. Und gerade der Einsatz moderner Fahrzeuge macht einen wesentlichen Unterschied für Patient*innen aus: während die Bergretter*innen anfänglich mit Fahrrad und Zug zum Einsatzort fuhren, stehen der Bergrettung Bozen heute zwei zum Patiententransport umgerüstete Geländewagen sowie zwei geländetaugliche Personentransporter und ein Motorrad zur Verfügung.
Einsatzfahrzeug des BRD in den 1950er Jahren …
… und ein heutiges Einsatzfahrzeug
Diese moderne Technik und ihr effizienter Einsatz erlaubt die schnelle Abwicklung von Einsätzen bei Tag und Nacht. Die Anfahrtszeiten werden durch moderne Fahrzeuge und vor allem durch die Rettungshubschrauber reduziert, während die moderne Leichtbauweise der Ausrüstungsgegenstände ein rasches Bewegen im Gelände garantiert. Dadurch wird viel Zeit gespart, die Patient*innen müssen weniger lange auf die Versorgung warten und werden in schneller Zeit in das nächstgelegene Krankenhaus gebracht. Dies ist von großer Bedeutung, denn wie schnell ein Einsatz abgewickelt wird, kann manchmal tatsächlich den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.
Übung einer Stahlseilbergung
Vom Schreien über den Telegrafen zum digitalen Funk
Die Möglichkeit, im Einsatz unkompliziert und zuverlässig zu kommunizieren, ist ein entscheidender Faktor für eine schnelle und gelungene Rettung. In allen Phasen einer Rettungsaktion tauschen sich die Rettungskräfte über Funk aus. Besonders bei größeren Einsätzen kann es passieren, dass sich viele Bergretter*innen auf einem weitläufigen Gebiet verteilen. Dann ist es wichtig, die Anfahrten zu koordinieren, die Suche und Lokalisierung der Patient*innen zu organisieren und die potentiellen Verletzungen an die restlichen Glieder der Rettungskette mitzuteilen.
Vor 75 Jahren standen der Bergrettung noch keine Funkgeräte zur Verfügung. 1949 entwickelte der Bozner Bergretter Gottfried Mumelter ein erstes Kommunikationsgerät. Es bestand aus zwei Terminals, die an das damals zur Bergung benutzte Stahlseil angebracht wurden, und mittels derer mit Morsezeichen kommuniziert werden konnte.
Die ersten Funkgeräte, die im Südtiroler Bergrettungswesen verwendet wurden, waren eigentlich illegal, da der Staat deren Nutzung stark reglementiert hatte. Es ist aber unbestreitbar, dass die Behörden vor Ort von deren Verwendung wussten und diese tolerierten.
Auch die Funkgeräte haben sich vor allem bezüglich Maß und Gewicht weiterentwickelt. Zurzeit steht das Funkgerät in Südtirol wieder im Mittelpunkt von Diskussionen, da alle Rettungseinheiten zum digitalen Funknetz, dem TETRA, wechseln. Dieser Wechsel beeinflusst den praktischen Ablauf der Einsätze nicht besonders stark, reduziert jedoch die Instandhaltungskosten für die Provinz. Der große Vorteil für die Rettungsmannschaften ist die verschlüsselte Übertragung, welche die Weitergabe von sensiblen Informationen sehr erleichtert.
Erste Hilfe – Patient*innen im Mittelpunkt
Die medizinischen Aspekte der Rettung spielten in der Bergrettung lange eine untergeordnete Rolle. Die Schwierigkeiten der Bergung und der damit verbundene Aufwand zwangen die Retter*innen, sich besonders auf diesen Aspekt der Bergung zu konzentrieren. Erst durch die modernen Bergungstechniken, Fahrzeuge und Materialien wurde der Fokus wieder auf die Erstversorgung gelegt. Das neue Paradigma lautet „stay and play“, also „bleibe und spiel mit“ und bedeutet, dass man heute lieber die Patient*innen vor Ort so gut erstversorgt, dass diese mit geringem Risiko abtransportiert werden können. In der Grundausbildung der Bergretter*innen wird also verstärkt auch auf diese medizinische Erstversorgung eingegangen, die verpflichtend jedes Jahr aufgefrischt werden muss.
Angesichts des vielfach komplizierten Geländes, in dem die Bergrettung operiert, kann nur eine begrenzte Auswahl an Material mitgenommen werden. Im Rettungsrucksack befindet sich also auch heute noch vorwiegend Material zur Versorgung typischer Verletzungen am Berg - von Verbandsmaterial, über Blutdruck- und Sauerstoffmessgeräte, bis hin zu Geräten für die Reanimation. Ist es mit dem vorhandenen Material nicht möglich, Verletzungen zu versorgen oder sind diese gar lebensgefährlich, wird sofort der Notarzt alarmiert.
Abtransport einer erstversorgten Patientin
Abschließend
Ein besonderes Dankeschön
In den vergangenen 75 Jahren hat sich viel getan. Seit der Gründung hat ein kontinuierlicher Prozess der Organisation und Reorganisation den Verein zu dem gemacht, was er heute ist: ein aufeinander abgestimmtes Team, das in kürzester Zeit einsatzbereit sein kann, um Menschen in Not auf professionelle Art und Weise aus ihrer misslichen Lage zu befreien.
Die 40 Bergretter*innen sind aktuell durchschnittlich zwischen 5.000 und 7.000 Stunden im Jahr ehrenamtlich für den BRD-Bozen aktiv und rücken durchschnittlich 40 bis 50 mal pro Jahr zum Einsatz aus. Ohne ihren unentgeltlichen Einsatz wäre die Gewährleistung und Aufrechterhaltung dieses für die Bevölkerung so wertvollen Dienstes nicht möglich.
Die Feierlichkeiten, die dieses Jubiläum begleiten, rücken jene in den Mittelpunkt, die es sich durch ihren passionierten Einsatz rund um die Uhr, damals wie heute, verdient haben: Die Bergretter*innen des BRD-Bozen. Ihnen ein riesiges Dankeschön!
Ein besonderes Dankeschön geht auch an alle Institutionen und Betriebe die in diesem besonderen Jahr den Verein unterstütz haben:
Decospar, Optik Zublasing, Drogerie Terlan, Parfumerie Ferrari, Gastro Drink, Pediform Schuhe, Gemeinde Bozen, Persepolis, Goldschmied Hartmann, Restaurant Weisse Traube, Gutweniger, Salewa, Metzgerei Mair, Salewa World, Mila, Salon Walli, Mode Eva, Schuhwaren Fill, Mood, Sportler Alpin, Mountainspirit, Sweet Cafè, Optik Leitner
Schaufenster in Bozen
Die Bergrettung Bozen feiert ihr 75-Jahr-Jubiläum und stellt sich mit einer einmaligen Schaufensterausstellung vor.
Was passiert heute, wenn ein Rettungsruf abgesetzt wird?
Welches Material nutzen Bergretter*innen, wenn Sie im Einsatz sind?
Und wie war das eigentlich damals, vor 75 Jahren?
Entdecken Sie in den Schaufenstern in Bozen und Umgebung die Bergrettung Bozen.
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